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lbrecht Khristian Uuöwig von Karöeleben.
Kurfürstlich Hrsfischer GeneraUieutenant.
1777—1856.
«Lin «Lrinnerungsblall von <L- v- ß t a m f o r &.
(Fortsetzung.)
Y. Das Jahr 1813.
Ernst gemeint war König Jeröme's Trauer
um den Untergang seines Heeres, so Viele der
Offiziere, welche im Schnee und Eise Rußlands
ruhten, waren ihm persönlich bekannt gewesen —
eine Anzahl Offiziere und Mannschaften hatte
das schreckliche Geschick getroffen, Gefangene der
Russen zu sein, nur 180 Offiziere und 600 Un
teroffiziere und Soldaten hatten sich von 800
Offizieren und 25000 Mann, welche den Feld
zug mitmachten, in Thorn zusammengefunden.
Mußte die Vernichtung so vieler Menschenleben,
der Blüthe der Jugend seines Reiches, den
König tief erschüttern, so drängte sich auch so
fort die Sorge auf, daß sein nur durch Waffen
gewalt bestehender Thron nun »«beschützt sei.
Wie der Imperator in Paris an die Schaffung
eines neuen Heeres ging, ließ auch König
Jerome sich die Herstellung seines Armeekorps
höchst angelegen sein.
Bardeleben wurde zu dem 8. Linieninfanterie-
Regiment gesetzt und führte in diesem das
1. Bataillon. Sein Kriegsgefährte Gauthier
erhielt den Befehl über das 4. leichte Bataillon;
dieser Ehrenmann mußte dem in Stallupöncn
o schimpflich verlassenen Manne höchst dankbar
ein, daß dieser edelmüthig von der Sache
chwieg — hätte Bardeleben sic zur Sprache
gebracht, so würde selbst in dieser Zeit Gauthier
unmöglich geworden sein, in welcher der Degen
eines Offiziers höheren Werth hatte als sonst.
Im April 1813 rückte das 8. Infanterie-
Regiment zu dem 11. Korps der französischen
Armee ab, welches sich unter Marschall Mac
donald im östlichsten Theile des Königreichs an
der Elbe bildete. Das Regiment wurde mit
dem Regimente Füsiliergarde zu einer Brigade
vereinigt, welche der General Lageon befehligte,
ein Franzose in westphälischem Dienste. Nächst
der Garde des Kaisers zählte das 11. Korps
sowie das von General Bertrand aus Italien
herangeführte 4. Korps als vollkommen kriegs
tüchtig, wie keines der übrigen Armeekorps.
Napoleon mischte die deutschen Truppen mit den
französischen derartig, daß nicht große Massen
jener unter dem Befehle deutscher Führer standen,
selbst die Brigaden wurden fast durchgängig von
Franzosen aus seiner Schule befehligt; er konnte
sich hierdurch besser auf die Durchführung seiner
Maßregeln in seinem Geiste verlassen und glaubte
die Gefahr der Ansteckung der deutschen Truppen
von dem in Deutschland erwachten Volksgeiste
zu vermindern. Da die Stimmung hier täglich
gefährlicher wurde, ging Napoleon mit gewohnter
Entschlossenheit zum Angriffe über, obwohl ein
großer Theil seines jungen Heeres noch unfertig
war; außer anstrengenden Märschen mußten die
Regimenter deshalb noch täglich üben. Die
Reiterei war zu schwach und vermochte nicht
durch weit vorgreifende Erkundung die erforder
lichen Nachrichten einzuziehen, ein großer Uebel
stand für die Heerführung. Am 1. Mai über
nahm der Imperator persönlich in Weißenfels
die Leitung seines Heeres, dessen Massen sich in
der Nähe gesammelt hatten. Beim Vordringen
auf Leipzig, wo er das Heer der Verbündeten
zu treffen gedachte, wurde er bei Lützen von
dem Gegner in der rechten Seite gefaßt, 2. Mai;
hätte ihm gegenüber ein ebenbürtiger Feldherr
die Schlacht gelenkt, ja, hätte überhaupt ein
Feldherr mit uneingeschränkter Macht befehligt,
so stand es übel um das Heer Napoleons.
Allein er warf in der gefährlichen Lage seine
marschirenden und in breiter Front nach Osten
gerichteten Heereskörper herum, dem von Süden
eindringenden Feinde entgegen; seine Uebermacht
kam hinzu, um den Sieg zu erkämpfen, freilich
nicht einen solchen wie in den früheren Feld
zügen, der den Feind zerschmetterte.
Die Korps von Macdonald und Bertrand
hatten als linker Flügel unter dem Vizekönige
von Italien den rechten der Verbündeten in