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der damaligen Schreibweise die römischen Zahl
zeichen von 1618 enthalten sind:
Hoc opus ex voto seris memorabile sedis
Mauritius primus condidit author opus.
Hic pietas artesque togae Martisque Minerva
Docta probe sedem gaudet habere suam.
0 patris hoc patriae monumentum fulminis exors
Tutela aeternum stet maneatque Dei.
ConsILlo CLarens CLarens VlrtVte LyOeVM. 26 )
Die Errichtung des Zwischenbaues läßt, da
nunmehr beide Theile des Renthofes mit ein
ander in Zusammenhang kamen, es zweckmäßig
erscheinen, vor Weiterführuug der jetzt gemein
samen Geschichte die besondere des zweiten Theils
darzustellen.
II. Der östliche, nach der Fulda hin ge
legene Flügel des Renthofs ist jedenfalls späteren
Ursprungs und stets Sitz von Behörden und
zwar höheren Behörden gewesen. Wann derselbe
zuerst angelegt worden, läßt-sich nicht mit Be
stimmtheit sagen; ebensowenig läßt sich die von
anderer Seite ausgesprochene Annahme nach
weisen, daß an dieser Stelle ursprünglich fürst
liche Rentgebäude, also Gebäulichkeiten mit den
Geschäfts-Räumlichkeiten, vielleicht auch Woh
nungen für die mit Erhebung der an den Landes
herrn zu entrichtenden Abgaben betrauten
Beamten, gestanden haben. Dagegen ist die An
sicht, daß dort die unterste Gerichtsbehörde, der
sog. Schultheisenhof, sich befunden, widerlegt
und nachgewiesen worden, daß dieser auf dem
ältesten Gebiete von Kassel in der Nähe des
jetzigen Packhofs bei der damaligen Mündung
der Ahne in die Fulda gestanden. 21 )
In wichtigeren Sachen, Zivil- wie Kriminal-
Sachen erkannte das Landgericht, 2 ^ und
dies befand sich, da bekanntlich Kassel ursprüng
lich Kirchditmold (Dietmelle) als angesehnerem
Orte in verschiedenen Richtungen unterstellt war,
zu Kirchditmold und hat dortselbst bis zur Mitte
des 15. Jahrhunderts bestanden unter der Be
nennung : Tribunal major Comitatus Hassiae
oder
„daz ubirste Gericht waz sich an Hals vnd
an Hand gecridt." 29 )
*6) Schminke a. O., S. 219.
* 7 ) Vgl. Stölzel's Aufsätze in der Vereins-Zeitschrift, N.
F. Bd. IV S. 94 fg.. Bd. V, S. 94 fg.
28) Landgericht hat zu verschiedenen Zeiten und an ver
schiedenen Orten verschiedene Arten von Gericht bezeichnet,
nämlich einmal höhere Gerichte und sodann Gerichte für
die Landgemeinden.
2») Kapp Hess. Gerichts-Verfassung Th. I S. 283 fg.,
woselbst eine Urkunde vom 26. März 1247 erwähnt wird,
wonach die Brüder Hermann und Heinrich von Wolfers
hausen anzeigen, daß mit Rücksicht aus ihre dem Erzbis-
thum Mainz und der Kirche geleisteten Dienste, der Erz
bischof (Siegfried) von Mainz ihnen auf Widerruf die
In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts wird
ein Landgericht zu Kassel erwähnt als
„Gericht im Renthofe zu Kassel." 2 ")
Aber weder über die bauliche Beschaffenheit des
damaligen Renthof-Gebäudes, noch über die Ein
richtung des darin thätigen Gerichts wird uns
irgend etwas mitgetheilt. In seiner späteren Ge
stalt wurde dasselbe unter Landgraf W i l h e l m IV.
dem Weisen aufgeführt im Jahre 1579
mit der Bezeichnung Kollegienhof oder
Kanzlei-Gebäude als Sitz eines oberen
Gerichts und zwar vorzugsweise zweiter, da
neben für gewisse Sachen erster Instanz.
Appellations-Gerichte oder Oberhöfe waren im
Mittelalter meist die Gerichte anderer größeren
Orte bzw. auswärtige Schöppenstühle. Diese
den' Landesherrn nicht zusagende Einrichtung
wurde durch Einsetzung besonderer höherer Ge
richte allmählich beseitigt. In den vom Land
grafen Hermann der Stadt Kassel gegebenen
Statuten von 1384 3 * * S. * *) heißt es:
„Ouch ist ez daz ein Orteil gefunden adir
gesprochen wirbt, daz man scheiden will adir
schildet mit Beruffunge. Die sol man tun
zu vns vnd zu unserem Rade."
Berufungs-Instanz war also der Landesherr
mit seinen Räthen, und hieraus entwickelte sich
ein eigentlicher Appellations-Gerichtshof, die sog.
geheime Kanzlei. Dieselbe war anfänglich
in Anlehnung an den fürstlichen Rath im landes
herrlichen Schlosse, dann seit 1526 in dem von
einer Frau von Boyneburg (1510) errichteten
und später von Philipp den Großmüthigen er
kauften Gebäude, dem nachherigen Marstalle.
Doch mochte bald auch dies nicht geeignet er
scheinen und siedelte die Kanzlei über in das
inzwischen vollendete Kanzlei-Gebäude im Rent
hofe, woselbst am 20. November 1580 unter
großen Feierlichkeiten die erste Sitzung stattfand,
zu deren Erinnerung das große Oelbild im
dermaligen Sitzungssaale des Konsistoriums ange
fertigt wurde.' 2 ) Das Bild stellt den Augen
blick dar, wo der Landgraf auf einen Thron
Gerichtsbarkeit ertheilt habe (dimisit) „et specialiter
jurisdictionem super villam Dyetmelle que Oberste
gericht vocatur“, vgl. auch da S. 306; Gudenus Cod.
Diplomat. T. I pag. 597 sq.
so) S. Stölzel's Aufsätze, Note 27 und Stölzl: Ge
lehrtes Richterthum Th. I S. 326 Note 8, S. 389; Th. II
S. 117, an welchen Stellen u. A. Bezug genommen wird
auf Prozeß-Akten des Elisabeth-Hospitals zu Kassel gegen
den Müller Rübing zu Altenritte v. Z. 1484, worin beide
Theile die Entscheidung der fürstlichen Räthe anrufen, nach
dem zuvor im Renthofe zu Kassel ein Beweis-Znterlocut
ergangen war.
SY Sammlung Fürst!. Hess. Landes-Ordnungen Th. I
S. 5 und 6.
82) Näher beschrieben von Dr. Bernhardt in der Ver
eins-Zeitschrift, N. F. Bd. III S. 367 fg.