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„Ob zum Weibe ich geworden,
Traun, das mögt Ihr selbst Euch fragen,
Ungern rühm' ich mich der Wunden
Die die Franken mir geschlagen."
„Einen aber sollt Ihr nimmer
Schmähen und ich will's nicht dulden,
Den, der einst am Kreuz gehangen,
Dem wir größ're Ehre schulden."
„Wollt Ihr selbst dem wahren Gott
Weiter noch den Dienst versagen,
Und den alten Göttern dienen,
Herzog, bitter muß ich's klagen."
„Eines aber mögt Ihr wissen,
Glaubt, es kommt aus treuem Munde,
Ihr auch sollt dem Kreuz Euch beugen,
Herzog Euch auch kommt die Stunde."
Aus alter und neuer Zeit.
Skizzen ans der hessischen Kriegsgeschichte.
Von Freiherrn Maximilian von DitfurLh,
weiland kurfürstlich hessischem Hauptmann.
IX.
Fehlerhafte Anordnung bei denr An
märsche der englisch-hessischen Truppen
zum Angriffe der Stellung bei White
Plains im Feldzuge von 1 7 7 6 in Amerika.
Um die bei White Plains, in einem verschanzten
Lager stehende Armee des Generals Washington aus
dem Felde zu schlagen und womöglich vom Hudson
und der in dieser Richtung hinführenden Croton-
Brücke abzuschneiden und in das — damals noch
gänzlich unwirthbare, zwischen dem Croton River und
Fisch Kill belegene Hochland zurückzuwerfen, sollte
nämlich zunächst gegen den rechten Flügel dieser
Stellung ein umfassender Angriff unternommen
werden. Zu diesem Zwecke schlug die englisch-hessische
Armee von Kingsbridge aus den hierzu geeignetsten
Weg ein.
Da der kommandirende englische General Lord
Howe außer der Anordnung, daß die hessische In
fanterie, gleich der englischen, stets auf 2 Glieder
rangiren sollte, auch noch — ein für allemal —
bestimmt hatte, daß in allen Fällen des Zusammen
wirkens englischer und hessischer Truppen, letztere
auf dem linken Flügel zu stehen kommen sollten, so
war auch dem das hessische Korps kommandirenden
General-Lieutenant von Heister, bezüglich jenes auf
die feindliche Stellung bei White Plains zu unter
nehmenden Angriffes, die entsprechende Weisung er
theilt worden, den feindlichen rechten Flügel zu um
gehen, in die Flanke zu fassen und von der Croton-
„Nimmer hilft Euch Euer Trotzen,
Nimmer hilft Euch Euer Wehren,
Größer als der Frankenkaiser
Ist der Eine, den wir ehren."
„Trügen mich nicht meine Augen,
Herzog, wollt Euch nicht belügen,
Tief schon regt sich's Euch im Herzen,
Endlich wird er dennoch siegen." —
Und der Herzog senkt die Stirne,
Und er wendet sich zum Scheiden,
Auf dem Waldpfad hört er schallen
Noch das Kyrie der Beiden.
Hat der Alte wahr gesprochen? —
Ob er Schweigen bot dem Munde,
Tief doch klingt es ihm im Herzen:
„Dir auch Herzog kommt die Stunde!"
U. Zttlter.
Brücke abzuschneiden. Obgleich es sich hiernach von
selber verstand, daß demgemäß die hessischen Truppen
die Spitze der Kolonnen bilden mußten, hatte Lord
Howe aber dessen ungeachtet die Armee nicht links,
sondern rechts abmarschiren lassen, dergestalt, daß
unmittelbar hinter den — die Vorhut bildenden
hessischen Jägern und englischen Schützen, 8 Bataillons
englischer Infanterie, diesen die Artillerie, dieser 6
Eskadrons englischer Dragoner und dann erst, obschon
solche doch den ersten Angriff thun sollte, die hessische
Infanterie folgte. Da nun zudem der eingeschlagene
meist durch Wald führende Weg von sehr schlechter
Beschaffenheit und so eng war, daß nur zwei Mann
hoch (in Reihen) marschirt werden konnte, auch die
englische Infanterie, besonders aber die englischen
Dragoner — weil Niemand hierauf achtete — nicht
ordenlich aufschlossen, so konnte es nicht fehlen, daß
die Marschlinie sich allmählich immer mehr ver
längerte und zuletzt eine Ausdehnung von mehr als
einer deutschen Meile einnahm.
So geschah es denn, daß als die Vorhut auf 'die
feindlichen Vorposten stieß und solche hinter ihre
Verschanzungen zurücktrieb, zwar die, die Spitze der
Kolonne bildende englische Infanterie nach und nach
sich bataillonsweise rechts aus der Kolonne herauszog
und gegenüber des linken Flügels und des Centrums
der feindlichen Stellung in Schlachtordnung formirte,
die hessische Infanterie aber sich zur Zeit noch weit
rückwärts befand; zumal die uurnittelbar vor ihr
marschirende englische Reiterei, über alle Gebühr weit
auseinander gekommen war, weil sie, wie schon er
wähnt, theils überhaupt nicht gehörig aufschloß, theils
auch in Folge der häufigen, durch die ihr vormarschirende
Artillerie erzeugten Stockungen, an einer stetigen
Fortsetzung ihres Marsches noch besonders behindert