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Colland, Championnet, Bernadotte, die Reserve-
Reiterei komniandirte General Bonneau. Allen
diesen Männern rühmte man die republikanischen
Tugenden der Uneigennützigkeit, Einfachheit und
Mäßigkeit im Leben nach. Bei Kleber mag dies
unter allen Umständen zugetroffen haben. Wie
es aber bei Jourdan damit bestellt war, darüber
geben wohl folgende Vorkommnisse Aufschluß.
In Sulzbach mußten dem Obergeneral alsbald
nach seinem Einzuge 200 Bouteillen Wein, 100
Pfd. Rindfleisch, 50 Pfd. Hammelfleisch, 150
Pfd. Kalbfleisch, ein großes Faß Bier, 100 Pfd.
weißes Brod, 25 Pfd. Butter und Schmalz, 20
Pfd. Kaffee, 20 Pfd. Zucker und eine große
Quantität Mehl, Reis, Rosinen, Citronen, Eier,
Schinken, Gänse, Enten, Hühner und dergl. mehr
in das Schloß, in welchem er abgestiegen war,
für seinen eigenen Bedarf und den seines Gefolges
geliefert werden. Um aber auch alles zu haben,
was nur immer zu einer glänzenden Tafel eines
an Einfachheit gewöhnten Generals erforderlich
war, mußten noch 66 Beflecke, 120 Servietten,
6 Tischtücher und 6 Pfund Wachslichter in seine
Wohnung gebracht werden. Ein sächsischer Offizier,
welcher Geschäfte im französischen Hauptquartiere
hatte, das sich damals in Hersbruck befand,
schreibt: „Man hatte mir den General Jourdan
als ein Muster der Mäßigkeit, als einen wahren
Spartaner geschildert, um so größer war mein
Erstaunen, eine mit Gebratenem aller Art, mit
Geröstetem, mit Krebsen und Fischen besetzte
Frühstückstafel zu finden. Wein war im Ueber-
fluß da ; mehrere Dutzend Flaschen des trefflichsten
Rheinweins, symmetrisch aufgestellt, dienten dem
Burgunder und spanischen Weine zur Einfassung,
— und diese große Zurüstungen waren keines
wegs überflüssig, denn wenn die Franzosen uns
Deutschen vorgeworfen haben, daß wir immer
guten Tisch und Wein lieben, kann ich versichern,
daß diese Herrn sich völlig in Deutschland natu-
ralisirt haben." An dieses opulente Frühstück
schloß sich das noch üppigere Mittagessen an.
„Man setzte sich zur Tafel", schreibt jener sächsische
Offizier weiter, „wo ich meinen Platz zwischen
dem General Jourdan und Ernous bekam. Ich
sage Ihnen nichts von der Pracht unseres Mittags
essens; ich habe schon zu viel von dem Frühstück
gesprochen, und Sie können leicht daraus schließen,
daß man uns keine Rumford'sche Suppe vorsetzte,
sondern daß selbst ein Leckermaul hier volle Be
friedigung fand. Ich will damit keineswegs die
französischen Generale tadeln, daß sie einen guten
Tisch führen; ich würde nie über diesen Gegen
stand gesprochen haben, wären nicht so schreiende
Widersprüche zwischen der wirklichen Lebensweise
dieser Eroberer und den pomphaften Lobpreisungen
aufgestellt, welche die Journalisten und Zeitungs
schreiber von ihrer Mäßigkeit und Uneigennützig
keit machen. Von der ersten haben Sie schon
eine Schilderung bekommen; in Hinsicht der Un
eigennützigkeit aber muß ich bemerken , daß der
General sehr schönes Tischgeschirr, auch einiges
Silbergeschirr hatte, auf dem sich Namenzüge
und Wappen fanden, die nicht von republikanischer
Hand eingegraben waren, sondern bewiesen, daß
die Stücke vorher irgend einem Reichsfürsten
oder Prälaten gehört hatten."
Ein anderer französischer General, dem in einem
bereits eingeschlossenen Orte 15, sage fünfzehn
Gerichte aufgetragen wurden, ließ seinen Koch
kommen, um ihn wegen der schlechten Bewirthung
zur Rede zu stellen. Auf die Antwort, daß
durchaus nichts mehr aufzutreiben gewesen sei,
entließ er denselben mit dem Bescheide, daß wenn
er noch einmal so schlecht bewirthet würde, er
ihn selbst wolle srikassiren lassen!
Vergebens erinnerte man sich noch immer in
Deutschland des Wahlspruches, mit welchem Custine
anfangs, als geharnischter Vertheidiger der
Menschenrechte nach Deutschland gezogen war:
„Krieg den Palästen, Friede den Hütten!" denn
gerade die Hütten waren es, die von des Krieges
Geisel zuerst und am schrecklichsten heimgesucht
wurden. Das Betragen des französischen Kriegers
stand zum großen Theile in dem auffallendsten
Widerspruche mit den Grundsätzen, für die er zu
fechten vorgab. Denn ohne Unterschied verübte
er an Personen Gewaltthätigkeiten und verletzte
dabei ohne Schonung die heiligen Rechte oer
Menschheit, wie an dem wohlhabenden Städte
bewohner, so an dem ärmsten Landmann. Dieser
war aber noch weit übeler daran als jener,
denn in Städten gewann man meist aus öffent
lichen Mitteln den kommandirenden Offizier, daß
er den Gewaltthätigkeiten der Soldaten vorbeugte,
während der Landmann denselben vollständig
preisgegeben blieb, da er nicht die Mittel besaß,
sich in gleicher Weise zu schützen.
Diese französischen Soldaten war recht eigent
lich Söhne jener alten Gallier, die, nachdem sie'
die Alpen überstiegen hatten und gegen Rom
heranstürmten, den Abgesandten der nachmaligen
Hauptstadt der ganzen Welt erklärten: „Das
Recht liege in den Waffen, und den Tapferen
gehöre Alles."*) Was der Dichter Logau im
30jährigen Kriege gesungen hat, wird hier, wie
der Historiker Posselt in seinen „Europäischen
Annalen, Jahrgang 1796 schreibt, mit einemmal
wieder modern:
*) Galli 86 in armis ius ferre et omnium virorum
fortium esse, ferociter dicebant. Liv. hist. Y. 36.