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Lagerleben finden konnte. Hier lagen rings
zahlreiche Besitzungen des Habsburgischen Hauses
verstreut, die als Pfandobjekte aus einer Hand
in die andere wanderten: freilich kein Vergnügen
für die Unterthanen, aber für die jeweiligen
Pfandherren eine Quelle reicher Einnahmen.
Dazu gehörten auch die Herrschaften Ehingen,
Schelklingen und Berg, auf die unserm Bemelberg
Aussichten eröffnet waren. Doch sollte derselbe
bald bitter erfahren, wie wenig gewinnbringend
der Dienst der Fürsten im Vergleich zu dem der
reichen Städte war. Während er nach langem
Warten statt der versprochenen Herrschaften, die
günstig an der Donau gelegen waren, sich mit
dem abgelegenen Graveneck begnügen mußte, das
er 1531 bezog, hatte sein alter Waffengefährte
Sebastian Schertlin, der Schorndorfer Bürgersohn,
der seit 1530 als Feldhauptmann im Dienste der
Reichsstadt Augsburg stand, schon nach kaum zwei
Jahren so viel erworben, daß er die beträchtliche
Herrschaft Burtenbach am Mindelfluß kaufen konnte,
die seinen Nachkommen noch heute zuständig ist.
Unser Konrad begann indessen auf Graveneck
sich einzurichten; hatte er doch schon 1530 in
Erwartung des in schwerer Arbeit verdienten
Besitzes sich ein Ehegemahl heimgeführt in Osanna
von Neuhausen, der Wittwe seines Jugendge
fährten Hans Dietrich von Westerstetten, der im
grauenvollen Blutbade von Weinsberg unter den
Spießen der Bauern seinen frühen Tod gefunden
hatte. Um so lieber war Konrad gerade dieses
Besitzthum, als seine Eheliebste auch mit ihrem
ersten Gemahl hier gehaust hatte; dazu kam noch,
daß auch der lange Heß, Heinrich Treusch, in
der Nähe, in Hundersingen, sich niederließ.
Das junge Eheglück, das bald durch die Ge
burt eines ersten Sohnes noch erhöht wurde,
wurde freilich bald getrübt. Immer gebieterischer
klopfte der Türke im Osten an die Pforten des
heiligen deutschen Reiches um Einlaß; im Jahre
1529 hatte das stolze Wien den Halbmond vor
seinen Thoren gesehen; 1532 rückte der große
Soliman, mit dem Franzosenkönig im Einver-
ständniß, aufs neue mit seinen wilden Schaaren
heran und verwüstete die grüne Steiermark aufs
entsetzlichste. Da galt kein Säumen; die Kaiser
stadt war wiederum bedroht. Bald war denn
auch die Reichshülfe zur Stelle; Pfalzgraf Phi
lipp hatte den Oberbefehl, während Bemelberg als
Oberst das ganze Fußvolk befehligte; Sebastian
Schertlin stand ihm als Locotenent zur Seite.
In den Schluchten des Wienerwaldes kam es
zum Zusammenstoß; bald sahen sich die Türken
zum Rückzüge genöthigt. Besonders viel wurde
in deutschen Landen von einem Ueberfalle (cami-
sada) gesprochen, der bei Altenmarkt einen
Hausen von 15,000 Türken fast völlig der Ver
nichtung preisgab. Dennoch war der Erfolg des
Krieges für den türkischen Großherrn überaus
günstig; im größten Theile des Ungarlandes
herrschte von nun an der Halbmond. Aber der
Kaiser und sein königlicher Bruder fühlten sich
den wackern Führern, die ihre österreichischen
Erblande gerettet, zu Dank verpflichtet; Sebastian
Schertlin, schon nach der Schlacht bei Pavia vom
Vicekönig von Neapel zum Ritter geschlagen, er
hielt nun auch von des römischen Kaisers Ma
jestät den Ritterschlag, Bemelberg kehrte als
kaiserlicher Kriegs-Rath nach Graveneck zurück.—
Nach kurzer Friedensrast mußte er aufs neue
das bequeme Hauswams mit der schweren
Rüstung vertauschen. Der vertriebene Herzog
Ulrich von Württemberg, den die lange Ver
bannung und Unthätigkeit in Mömpelgard wohl
gereist und geläutert hatte, der aber sein gutes
Württemberger Land nimmer vergessen konnte,
kehrte 1534 zurück, und kein geringerer als Land
graf Philipp von Hessen war es, der sein Ansehen
und seine Macht für seine Wiederherstellung
einsetzte. Da rührte es sich im Schwabenlande
allerorten; auch Bemelberg folgte dem kaiserlichen
Rufe und stellte sich an die Spitze des Fußvolkes.
Aber das Kriegsglück war diesmal dem Württem
berger hold; der Tag von Laufen entschied den
kurzen Krieg zu seinen Gunsten, und hatte auch
Bemelberg, der selbst verwundet wurde, bei der
allgemeinen Flucht der Kaiserlichen die Lands
knechte in guter Ordnung zurückgeführt, so mußte
er es doch geschehen lassen, daß man im Württem
berger Land die Spottverse sang:
„Der lang' und auch der kurze Heß,
„Die fiengen an zu fliehen,
„Der Staufer floch auch aus der eß,
„Die Landsknecht mußten ziehen."
Und zu dem Spott kam auch der Schaden
hinzu: als Herzog Ulrich im Frieden zu Kadan
sein Land zurückerhielt, mußte Bemelberg, sein
Feind, Graveneck, das württembergisches Lehen
war, räumen. Als Entschädigung wurde ihm
vom Kaiser Schelklingen eingegeben, wohin er
1535 als Obervogt übersiedelte.
Es war ein beschwerlicher Dienst, einem so
viel beschäftigten Fürsten wie Kaiser Karl V.
hold und gewärtig zu sein; aber mit seltener
Ausdauer und Aufopferungsfreudigkeit folgte
Bemelberg jeder Aufforderung, die an ihn erging.
Schon 1536 hob er wieder 10 Fähnlein Lands
knechte aus, die dem Kaiser nach Piemont zum
neuen Kampf mit König Franz I. zuzogen; im
folgenden Jahre erschien er selbst an der Spitze
einer gleich starken Macht in den Niederlanden.
Bei S. Pol erhielt er eine so schwere Wunde,
daß er den Oberbefehl über die Knechte seinem
Locotenenten Konrad von Hanstein überlassen