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Duban und in München unter Ohlmüller und Ktenze.
1834 habilitirte er sich als Privatdozent in Gießen;
1838 wurde er zum außerordentlichen, 1843 zum
ordentlichen Professor der Architektur ernannt. Als
1874 die Lehrstühle für Architektur und Ingenieur-
wissenschaft von Gießen an die technische Hochschule
zu Darmstadt verlegt wurden, wurde seine Lehr
tätigkeit auf sein Lieblingsfach, die Kunstgeschichte
beschränkt, deren Professur ihm übertragen wurde.
Ein Kreis von kunstliebenden Zuhörern und treuen
Verehrern sammelte sich um ihn; sein tiefes Kunst
verständniß, die reichen Schätze seiner Gelehrsamkeit
und seiner Lebenserinnerungen, sowie seine herrlichen
Sammlungen an Darstellungen der Kunst gestalteten
diese Vorlesungen zu einem Ouell wertvollster Be
lehrung und hohen Genusses.
Wie Hugo von Ritgen länger denn ein halbes
Jahrhundert in Wort und Schrift unablässig für
Verbreitung des Verständnisses für darstellende Kunst
wirkte, so hat er auch als praktischer Baumeister
mancherlei Bauten im romanischen und im Renaissance-
Stil ausgeführt. Die vornehmste Aufgabe seines
Lebens, dasjenige Werk, das seinen Ruf als ersten
Meister und Kenner mittelalterlichen Burgenbaues
begründete und seinen Namen weithin und auf immer
berühmt gemacht hat, war die Wiederherstellung
der W a r t b u r g. In engerer Wettbcwcrbung mit
den bedeutendsten Architekten seiner Zeit errang der
jugendliche Professor mit seinen Wiederherstellungs-
Plänen den Sieg. Jahrzehnte rastloser Geistesarbeit
widmete er sodann seit 1847 der Ausführung dieser
Pläne, wodurch er eine Perle mittelalterlicher Bau
kunst wieder erstehen ließ. Außerdem verwerthete er
auch seine reichen Kenntnisse in seiner engeren
Heimath. So sehen wir rühmliche Denkmale seines
Schaffens in Gießen, Schlitz, im Schlosse zu Laubach
u. s. w. Vornehmlich leistete er wieder Ausgezeichnetes
durch die stilgerechte Wiederherstellung zweier Burgen
im lieblichen Lahnthale, der Burgen Gleiberg «nd
Staufenberg, um deren geschichtliche Forschung er
sich gleichfalls verdient gemacht hat. Auch als Mit
glied zahlreicher Vereine wirkte er unermüdlich für
Kunst und Wissenschaft. So war er eine lange
Reihe von Jahren hindurch Vorstandsmitglied des
historischen Vereins für das Großherzogthum Hessen,
des Gleiberg-Vereins, des Oberhessischen Vereins für
Lokalgeschichte, des Gewerbevereins für das Groß-
herzogthum Hessen; außerdem war er einer der
verdienstvollsten Mitbegründer des Germanischen
Museums zu Nürnberg, dessen Verwaltungsausschuß
er seit 1853 angehörte. Daneben besuchte er auch
noch seit 1846 die jährlichen Wanderversammlungen
deutscher Architekten und Ingenieure, deren Ziele er
ebenfalls durch zahlreiche Vorträge und Abhandlungen
förderte.
Vielfache Auszeichnungen wurden dem so vielseitig
und so erfolgreich wirkenden Gelehrten zu Theil, so
namentlich bei der Feier seines 50jährigen Dienst-
jubiläums. In allen Schichten der Bevölkerung hatten
ihm seine innige Theilnahme an allen gemeinnützigen
Bestrebungen und seine liebenswürdige Herzensgüte
treue Verehrer und Freunde erworben. Im Dezember-
vorigen Jahres feierte er noch in geistiger Frische
und Rüstigkeit seine goldene Hochzeit. Nach einem
Krankenlager von nur wenigen Tagen ist er am
31. Juli, Nachmittag 4 Uhr, sanft und schmerzlos
entschlafen. — Am 2. August, Nachmittag 5 Uhr,
geleitete die allgemeine Liebe und Verehrung Hugo
von Ritgen zu Grabe. Das Bild des hochverdienten
kunstverständigen Gelehrten, des gemeinnützigen Mit
bürgers, des edlen Menschen wird bei Allen, die ihn
kannten, in ehrenvoller und liebwerther Erinnerung
fortleben. Sit tibi terra levis! —
Laubach in Oberh. 4. Aug. 1889.
Pr. August Noeschen.
U niversitütsnachrichten. Ami. August be
ging in Marburg der Geheime Medizinalrath Pro
fessor Dr. Hermann Nasse sein 60 jähriges Doktor
jubiläum. Da der Jubilar an diesem Ehrentage
nicht in Marburg weilte, so konnten ihm persönliche
Glückwünsche nicht dargebracht werden. Professor-
Nasse, geb. am 25. Juni 1807 zu Bielefeld, ist der
Nestor der Marburger Hochschule und wirkt daselbst
über 50 Jahre als Lehrer der Physiologie. — Dem
Vernehmen der ^Oberh. Ztg.* nach, hat der Professor
der Rechtswissenschaft Dr. Heinrich Otto Lehmann
in Gießen die Berufung nach Marburg an Stelle
des nach Jena abgehenden Professors Dr. Brockhaus
angenommen. — Am 6. August habilitirte sich der
Licentiat der Theologie und Dr. pbil. Johannes
Werner in der theologischen Fakultät zu Marburg
als Privatdocent für historische Theologie.
Zum Rektor der Universität Gießen für das
Geschäftsjahr 1889/90 wurde der Professor der Philo
logie Dr Adolf P h i l i p p i gewählt.
Krieflmsten.
N. G. E. Marburg, A. M. Fulda, M. Br. Kassel rc.
Besprechung der eingesandten Bücher folgt in einer der
nächsten Nummern unserer Zeitschrift.
E. F. Berlin. Ihre Mittheilung ist uns sehr erwünscht.
Durch die in Aussicht gestellte Zusendung werden Sie uns
sehr erfreuen.
W. B. Speele. Gewiß sind wir dazu bereit, voraus
gesetzt, daß der Inhalt ein entsprechender ist. Prüfung
selbstverständlich vorbehalten.
A. St.-N. Angenommen. Besten Dank.
V. T. Rauschenberg. Erhalten. Freundlichsten Gruß
dem Landsmann.
Verantwortlicher Redakteur und Verleger F. Zwenger in Kassel. — Druck von Friedr. Scheel in Kassel.