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Bei jeder Arbeit, ja selbst Nachts in Träumen,
Faßt dieses Fernweh mich mit Geierkrallen,
Gefesselt suhl' ich mich in heim'schen Räumen,
Ach, könnt' ich doch in fremde Länder wallen.
Und weiter, weiter, bis zum Meer dem fernen,
Dann ließ' ich tragen mich auf seinen Wellen,
Den Himmel über mir mit gold'nen Sternen,
Wegweiser mir zu jenen heil'gen Quellen.
So endlich wird gestillt das heiße Sehnen,
Das von der Seele hier will nimmer lassen,
Da giebt es keine Schmerzen mehr und Thränen,
Das höchste Ziel, dann darf ich es umfassen.
Emilie Wepkcr.
Kiebeslist.
Arethusa steht im Bade,
Als Alpheus sie erblickt
Und der Nymphe vom Gestade
Seiner Liebe Zeichen schickt.
Doch Diana war zur Stelle
Und verwandelt rasch und setzt
Nach Sizilien sie als Quelle,
Wo sie duft'ge Fluren netzt.
Arethusa netzt die Fluren,
Netzt sie mit der Götter Gunst,
Doch Alpheus folgt den Spuren
Und belacht Diana's Kunst:
Von Arkadien, unter'm Meere,
Bahnt der Flußgott sich die Bahn,
Und vor solcher Sehnsucht Schwere
Wird die Nymphe Unterthan.
Sank dann eine Nektarschale
Zu Olympia in den Fluß:
Stieg im Arethusathale
Sie empor bei Syrakus.
Und noch heute sind die Triebe
Edler Sehnsucht voller List,
Weil so listig wie die Liebe
Nichts auf dieser Erde ist.
Kart Sreser.
"""* Aus alter und neuer Zeit.
Marburger Erinnerungen. I. Boni-
fatiusfest. Das Studentenleben in Marburg zu
Anfang der vierziger Jahre war ein ganz eigen
artiges, indem sich dasselbe eines Theils an das
aus den dreißiger Jahren Ueberkommene, Her
gebrachte anlehnte, dies festhielt und pietätsvoll be
wahrte, anderen Theils aber auch den Strömungen der
Neuzeir, namentlich derjenigen Zeitrichtung Rech
nung trug, wie sie sich in den Dichtungen und
Schriften voll Herwegh, Prutz, Hoffmann von Fal
lersleben, Freiligrath, Lenau rc. rc. aussprach. Es
vermochten jedoch diese geistigen und theilwe.ise geist
reichen Ausführungen jener begabten Männer beim
Marburger Studenten nicht den Zug des Historischen
und die Anhänglichkeit an das Hergebrachte, auf
hessischem Boden Entsprossene zu verwischen; im
Gegentheil — bewußt oder unbewußt - fühlte das
Gemüth des Marburger Studenten sich getrieben,
bei jeder sich bietenden Gelegenheit — und wo
fehlle eine solche jemals bei dem erfindungs- und
phantasiereichen Musensohne? — seiner Anhänglich
keit an das von den Vorfahren Ueberkommene und
Beobachtete in studentischer Weise Ausdruck zu ver
leihen und dieses solchergestalt der Vergessenheit zu
entziehen.
Diesen Gedanken und Gefühlen Rechnung zu
tragen, fühlten sich vor Allen die Corps berufen.
Waren sie doch unbestritten und anerkannt die Ver
treter der Studentenschaft und wurden als solche
auch von den Nichtcorpsstudenten, die theils einem
der Corps sich als „Mitkneipanten" anschlossen,
theils von allen studentischen Interessen und Be
wegungen aus diesem oder jenem Grund als sog.
Kameele oder Wilde fern hielten und damit ihre
Gleichgiltigkeit gegen alles studentische Leben und
Streben zu erkennen gaben, willig betrachtet.
So faßten denn auch eine Anzahl aus Fulda ge
bürtiger Corpsburschen in Marburg den Entschluß,
das Andenken des Apostels der Deutschen, des hei
ligen Bonisatius, dessen herrliches Denkmal, die
genialste Schöpfung des berühmten Künstlers Werner
Henschel, am 17. August 1842 zu Fulda feierlich
enthüllt worden war, durch ein Fest auf der Spiegels
lust bei Marburg in akademischer Weise, gepaart
mit Humor und Jovialität, sowie im Anklang und
unter Anlehnung an das spezielle Fuldaische zu
feiern und damit der Anhänglichkeit an ihre engere
Heimath unverhohlen Ausdruck zu geben.
Das Fest fand am 16. Juni 1843 auf der
Spiegelslust statt und wurde am 28. Juni 1844
wiederholt. An dem ersteren betheiligten sich von
den damals in Marburg studierenden Fuldaern die
Studiosen: Martin Altmannsperger (f), Joseph von
Boxberger (f), Ludwig von Dernbach (f), Eugen
Etzel (f), Jakob Gegenbaux ^Wilhelm Grau (f),
Magnus Groß, Justus Hohmann, Friedrich Hornfeck ('s),
Gustav Hupfeld, Karl Knies, Wilhelm Kreisler (f),
Christian Laberenz (-s), Ferdinand Merz (si), Amand
Nehm (f), Joseph Rübsam (f), Hermann Scheuch,
Leonhard und Anton Schultheis, Joseph Schwank,
Justus Thomas, Julius Will (f); an dem zweiten