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herausgegebenen Blättern für Geist und Herz
eine Anzahl Gedichte.
Mit der 6. Digilie endete Koch seine poetische
Thätigkeit und bald sollte er erfahren, wie wetter
wendisch die Gunst des Volkes sei, „nach einem
kurzen Lenz allgemeiner Liebe, in der er sich ge
sonnt hatte, trat jetzt eine frostige Zeit allgemeinen
Hasses ein."
Im Jahre 1832 war nach Erscheinen der be
kannten Bundestagsbeschlüsse vom 28. Juni.
welche den konstitutionellen Liberalismus zur
Ruhe verwiesen, auch in Kurhessen der Kampf
gegen denselben entbrannt.
Der gegen die Feinde der Volksfreiheit ge
richtete Haß wurde auch Koch zu Theil, als in
dieser Periode des politischen Partheihaders seine
Bestellung als Sekretär der Landtagskommission
erfolgte. Von vielen seiner früheren Freunde
gemieden, litt er schwer in dieser Zeit, bis ihn
die Liebe zu neuem Leben erweckte. Bei Fräulein
Fulda, einer Tochter des Münzdirektors, verweilte
in dieser Zeit in Kassel eine Tochter ihrer in
Braunschweig an den Oberistlieutenant a. D.
v. Bosse verheiratheteu Schwester, welche dieser
zur Zeit, als er in Kassel als westpfälischer
Offizier in Garnison stand, kennen gelernt hatte.
Im Jahre 1810 hatte er bei der Belagerung
von Gerona als westphälischer Artillerieoffizier
einen Arm verloren, avancirte unterKönig Jerüme
zum Obristlieutenant uud Palastfourier, und folgte
dem entthronten König bis zum Ende der 20r.
Jahre ins Exil.
Die Liebe Kochs zu der 16jührigen Henriette
v. Bosse war gleich bei ihrem ersten Anblick in
ihm erwacht ebenso bald hatte er Gegenliebe ge
funden und fand die Verlobung statt. In einem
ihrer Briefe schreibt diese ihrem Verlobten:
„Ich lebte in Gedanken all die Momente wieder
durch, welche durch Dich Bedeutung für mich ge
wonnen haben, von dem ersten an, wo ich Dir
in der Bellevue begegnete und Du mich so ver
wundert ansahst."
Einige Tage nach dieser Begegnung schrieb sie
einer Freundin:
„Ich habe einer Sitzung der Landstände bei
gewohnt. Dr. Koch war von der ganzen Ver
sammlung der schönste, überhaupt zeichnet er sich
Vortheilhaft vor allen andern jungen Leuten aus
durch seine schlanke Figur, seine alabastcrweiße
Stirn, der man das Denken ansieht und durch
seine vornehme Haltung. Dazu hat er wunder
volle braune Augen, die oft wie die Sterne
glänzen und volles dunkelbraunes Haar." —
Das Beisammensein der Liebenden blieb aber
nach ihrer Verlobung von sehr kurzer Dauer.
Der Vater der Braut war auf die Anzeige davon
alsbald nach Kassel geeilt und hatte für die
Brautleute, da beide ohne Vermögen seien, in
Uebereinstimmung mit Kochs Vater eine Prüfungs
zeit auf ein Jahr bestimmt, in welcher sie sich
nicht sehen sollten, und die Veröffentlichung der
Verlobung erst genehmigt, wenn Koch sein Assessor-
examen: bestanden haben würde, bis dahin aber
den Liebenden einen Briefwechsel gestattet. Nach
der Abreise der Braut führte Koch ein gänzlich
zurückgezogenes Leben, entsagte aller publicistischen
Thätigkeit und widmete sich eifrig den Arbeiten
seines Berufs in dem ihn jetzt allein beherrschen
den Streben, eine Stellung" zu erringen, welche
ihm die Heimführung seiner geliebten Henriette
gestatte. In einem Briefe an diese schreibt er:
„Nie, und wenn ich auch in den unbeschränktesten
Verhältnissen lebte, würde ich jetzt die heilige
Kunst durch dergleichen Schriftstellereien entweihen,
wie ich sie noch vor 2 Jahren auf einen edlen
Boden streute. Drei Vigilien machten mich be
kannt im Lande, das war ein Zeichen, das man
noch Gemeinheit haßte"; und in einem andern
Brief: „Politische Sorgen lasten schwer auf mir,
ach es ist schrecklich, wenn ein Ideal nach dem
andern zerschlagen wird."
Koch hatte seine Hoffnung zur Erreichung seines
Ziels auf Hassenpflug gesetzt. Er schrieb an einen
Freund: „Hassenpflug, der jetzt im Ministerium
ist, scheint mir gewogen und so habe ich alle
Hoffnung, bald vorwärts zn kommen und Henriette
heimzuführen." Nach kurzer Zeit konnte er dann
auch schon seiner Braut mittheilen daß er am
26. Juli 1832 provisorisch zum außerordentlichen
Referenten im Ministerium des Innern ernannt
sei, „ich gestehe, schreibt er, daß das in Rücksicht
auf mein Alter (24 Jahre) ein rasendes Glück
ist. Meine juristische Laufbahn werde ich mir
dennoch offen halten."
Es war ein sehr trügerisches und sehr kurzes
Glück. Selbst Henriette konnte ihre Bedenken
nicht verheimlichen. Sie schrieb: „Also Hasien-
pflug ist nicht allein Minister der Justiz, sondern
auch des Innern, Jordan gedrückt und mit ihm
in Streit für die Verfassung, so sagen die Zei
tungen und Deine Briefe. Du, abhängig von
dem einen und ein Freund des andern, da gilt
es, solchen Konflikten gegenüber das Bewahren
der eignen Ehre."
Und schwer war auch der Kampf, welchen Koch,
der Freund und treue Anhänger seines Lehrers
Jordan, in seiner Stellung zu bestehen hatte, ein
Kampf, dem er nicht gewachsen war.
Er schrieb an seine Braut:
Du bist glücklich, weil Du die Qual nicht kennst,
wenn ein Staatsdiener etwas gegen seine Ueber
zeugung thun muß. O, noch vor wenig Wochen
schritt ich so sorgenlos auf der Bahn fort, sie
war eben, ich ahnte nicht die Ausschreitungen