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Aus alter und neuer Zeit.
Sprüche an Häusern in der Wetterau.
In Nr. 19, S. 301 des werthen „Hessenlandes“ von
diesem Jahrgange finden sich einige Ergänzungen zu
der schätzenswerthen Sammlung von Sprüchen an
alten hessischen Bauernhäusern in Nr. 18, S. 253
his 255 genannter Zeitschrift vom Jahrgange 1887.
Daneben sei noch verwiesen auf den anziehenden
Aufsatz: „Hessisches Leben in Sprüchen der Häuser“
im Althefsischen Volkskalender vom Jahre 1884
Melsungen bei W. Hopf) S. 54-95.
Hierzu bringen wir einen kleinen Beitrag aus
Laubach in der Wetterau.
Allda lesen wir an einem Eckhause der sog.
„Wildemanusgasse“ (benannt nach einem Hause dieser
Gasse, an dessen Eckbalken zwei wunderliche, bunt—
gemalie Gestalten, der „wilde Mann und die wilde
Frau,“ angebracht sind):
„„Auf Gottes Güt hab ich gebauwt,
Niemand als Ihm allein vertrauwt,
Behud dies Haus, o treuwer Got,
Vor Wasser und vor Feuwersnoth,
Ewig las dir befohlen sein
All die darin gehn aus und ein““
B. H. David Virling. 1666. Caspar Ros 4 —
Im sog. „Grünen Meer“ finden wir:
„„Gott bewahre dieses Hauß
Und führe alles in Gnaden auß,
Er lasse den Einwohner in Friede leben,
In Worten und Werken nach seinen Geboten
streben,
So wird alles wohlgethan,
Wann er geht die Himmelsbahn.““
In demselben Stadtviertel hat ein Ehepaar den
Spruch gewählt:
„Der Segen des Herrn macht reich ohne Mühe.
Adam Schmitt und Sibylla, beyde Eheleut, durch
Gottes Segen erbaut, aufgericht im Jahr 1667
den 14. May.““ —
Eine halbverstümmelte Inschrift in der „Langen
Basie“ besagt:
.„...“ Sein Meister Johan Berger genannt,
Gott behuts vor Wasser und Brant.““ —
Holperigen Versmaßes, aber wohlmeinend, ist
nachstehender Spruch an einem Hause Lin der Lipve“:
„„Ghe bald,
Ehdan du werst krank und ald,
Dan hie doch kein Bleibens nicht mehr ist,
Deine Wohnung mach bei Jesus Christ.““
Selbstbewußt klingt die Inschrift eines Hauses
derselben Straße:
„.Der Bauwherr dieses Haus genannt
Johannes Triebert,
Sein Nam ist wohlbekannt.““
Der ansprechende Vers;
„„Wir bauwen alle fest
ünd sein doch fremte Gäst
Un da wir sollen ewig sein,
Da bauwen wir gar wenig ein,““
den uns der Althessische Volkskalender a. a. O.
. 55 aus Dennhaufen, das Hessenland a. a. O.
5. 254 aus Lobenhausen und Westfalen meldet,
indet sich ebenwohl an zwei Häusern derselben
Straße.
In gleichem Viertel unseres Städtchens stoßen wir
auf nachstehende lateinische Inschrift:
„„Auxilianto Deo domus haec est Bartolomaei
DPraubi structa Dei quam pia dextra tegat.
Hans Hoffmann civis incola Laubach 18. Sep-
tember 1617.““*
Ueber der Thüre dieses Hauses steht:
„„Foelix introitus, foelicior exitus esto.““ —
Hier sei noch beigefügt die Inschrift einer Scheune
in der „Langen-Gasse“, erbaut im Jahre 1620
durch Dominus Albertus Otto Bilgenius Wergl.
über diese Persönlichkeit die „Wetterfelder Chronik,“
yggbn. von Friedrich Grafen zu Solms-⸗Laubach und
Symnasiallehrer Pr. W. Matthäi, Gießen bei
J. Ricker 1882, S. 55—66), also lautend:
„„Amo quo Comiti Palatino bella serebat Caesar
per Spinolao tacta (facta) sevora trucis, haec
Albertus Otho Bilgenius horrea struxit, quae
tegat a cunctis Christus Jova malis.“*“ —
Dr. A. R.
Sie erwähnten in der vorigen Nummer der Kunst
des Weintrinkens aus früheren Zeiten. Ein
Beispiel ähnlicher Art findet sich in der Selbst⸗
iographie eines hessischen Edelmanns, welcher
m Dienste des Fürsten von Waldeck im Jahre 1788
in den gefürsteten Abt von Corvey abgesandt war.
Er schreibt über diese Sendung: »Der gefürstete
Abt ließ mich durch einen Kavalier und vier
daquaien in einem mit 6 Pferden bespannten Wagen
mPosthause in Hörter, wo ich abgestiegen war, ab—
holen. Von dem Fürsten wurde ich recht höflich
mpfangen und empfing Vormittags die Lehen. Mit⸗
ags bei Tische tranken mir Ihro Fürstliche Gnaden
wanzig Deckelgläser Wein unter Trompeten- und
Paukenschlag zu. Nachmittags wurden der Lehnbrief
Ind die Reservates unterschrieben und wurde da der
Wein in großen Bouteilles in die Lehnkammer ge⸗
hracht. Doch ich konnte in der Zeit ungemein stark
rinken und fuhr in derselben Begleitung, wie ich
abgeholt war, ziemlich nüchtern nach Hörter zu
nanem Postmeifler zurück. Dieser stutzte, als er
mich noch so nüchtern sah und gerieth in gar großes
Erstaunen, als ich ihn bat, mir zu dem Nachtessen
noch drei Maß Wein auszufolgen.“
W. R.L.