295
berg und Konstantin Schütz von Holzhausen von
Fulda vollzogen. Doch schön wenige Wochen nach
der Weihe zwangen ihn die kriegerischen Zustände
abermals Fulda zu verlassen und seinen Aufent
halt abwechselnd in Bamberg, Karlsbad, Höch-
stadt a/A. und in Hammelburg zu nehmen.
Der Hubertusburger Friede (15. Februar 1763)
machte dem siebenjährigen Kriege ein Ende, und
nun erst konnte Fürstbischof Heinrich dauernd in
I.
^js^r hatte die Nacht schlaflos verbracht, der
Wl junge, heißblütige Freiheitskämpfer, die erste
C'T Nacht, in der engen Zelle der Festungshaft.
Das also war aus den hochfliegenden Idealen,
aus den Träumen von Freiheit, Gleichheit und
Brüderlichkeit geworden, daß er hier festsaß.
Sein kraftstrotzender Körper im engbegrenzten
Raum, und sein kühner, für Recht und Wahrheit
glühender Geist gleichfalls in Fesseln geschlagen!
Aber er wollte sie nicht anerkennen, diese
Fesseln. Nein! Und abermals nein! Alles
empörte sich in ihm gegen den ihm durch die
Tyrannei seiner Richter auferlegten Zwang.
Was hatte er denn gewollt? Das unterdrückte
Volk beglücken helfen. Und das sollte so straf
bares Beginnen sein? Und welch' eine gar enge
Klause hatten sie ihm angewiesen! Kaum daß
er drei Schritte durch das öde Gemach thun
konnte, und wieder setzte eine grau getünchte
Wand seiner Wanderung ein Ziel.
Wie zum Hohn schien goldig, die Nacktheit
der Wände grell beleuchtend, die Morgensonne
durch die gardinenlosen Fenster. Die Strahlen
tanzten neckisch über das dunkle Haupt des
Mannes. Sie schienen zu fragen: „Scheinen
wir nicht auch für Dich? Ist die Gotteswelt
nicht schön? Warum haltet Ihr Menschen nicht
Frieden miteinander?"
Wie magnetisch angezogen durch die Lichtfluth,
trat er an das schmale Fenster mit den trüben,
bleigefaßten Rundscheiben. Mit leidenschaftlicher
Hast öffnete er und war erstaunt, keine Eisen
stäbe davor zu finden.
Warum nicht Gitter, die ihm den Weg zur
Freiheit hemmten, da er doch einmal ein Ge
fangener war? Gleich darauf lachte er bitter
seine Hauptstadt zurückkehren und die feierliche
Huldigung der Stände und des gesammten Lan
des entgegennehmen. Sein Wahlspruch war:
Oonsilio et aecjnitate. Von nun an beginnt seine
schöpferische Thätigkeit auf allen Gebieten des
Staatswesens. Er handelte dabei treu dem
Grundsätze: 8alu8 publica Suprema lex, die
Staats-Wohlfahrt soll das höchste Gesetz sein.
(Fortsetzung folgt.)
auf. Freilich, da war an ein Entkommen nicht
zu denken. Das kleine Gemach war ein frei aus
der Masse des Schlosses vorspringender Erker.
Schwindelnd hoch schwebte er über der Erde.
„Ein Schwalbennest in der That! Nur daß
mir die Flügel zum freien Fluge arg beschnitten
wurden", knirschte er zwischen den Zähnen.
Dennoch kam etwas von der friedlich süßen
Ruhe des köstlichen Junimorgens über ihn, als
er im Fenster lehnend begierig den würzigen
Duft einsog. Es war ein Idyll, welches da tief
unter ihm, noch im halben Morgenschlummer,
ruhte. Auf hoher, mächtiger Mauer lag der
kleine Garten. Früher das Burggärtchen der
edlen Frauen des Schlosses, jetzt dem Kastellan
oder besser Inspektor zugetheilt. Sie war schon
weit vorgeschritten, die Frühlingspracht. Das
hatte er all' die Zeit, da ihm so viel wichtigere
Dinge Kopf und Herz erfüllten, gar nicht geahnt.
Der breitästige Kastanienbaum da unten hatte sich
wie ein riesiger Weihnachtsbaum mit Tausenden
weißer Blüthenkerzen geschmückt. An den Mauern
blühten Flieder und Schneeball und auf den zier
lichen kleinen Blumenbeeten öffneten viel holde
Frühlingskinder die schlaftrunkenen Augen dem
belebenden Sonnenstrahl. Und dort seitlich —
wie lauschig mußte das Plätzchen sein — ein
zierliches Laubengestell, von Geisblatt und Kletter
rosen umrankt.
Noch lag Kirchenstille aus dem schönen Erden
fleck. Das erhabene Landschaftsbild, welches sich
von hier aus weithin über die Dächer der tief
unten ruhenden Stadt dem schier geblendeten
Auge des Mannes bot, verschleierte halb der
zarte Duft des vom Flusse aufsteigenden leichten
Nebels. Wie Elfenschleier wallten und wogten
die Duftmassen höher und höher. Immer klarer
wurde das Bild und auch der bittere Zug um
lu§ gährenöer Heit.
Novelle von F. Zlorck.