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hänigst Pflichtmäßig berichten wollen, daß die Fran—
rösische Trouppen, so sich hier zusammengezogen und
der Maréchal Duc de Broglie, welcher alhier etliche
Tage sich aufgehalten, haben zwar ohnvermuthet den
19 und in der Nacht auf den 20ten hujus von hier
sich hinweg und nacher Fulda begeben, vor ihrem
pölligen Abpmarch aber hat der Maréchal
Ilens) Das große Heu Magazin vor der Stadt
iuf dem Werth.
2tens) Im Stift des Ober Amtmanns Hauß, sonst
das Schloß genant, worinn die Fürstl. Herren Abte
ihre Residentz gehabt.
Ztens) Die große Stifts oder Dom Kirche, worinnen
die Herren Äbte begraben liegen und worinn sehr
schöne Ppitaphia von Marmor, ein schöner hoher
Altar, und eine schöne Orgel gewesen,
Das Gewölbe der Kirchen auf 16 runden Säulen, jede
18 fues lang und von einem Stein, daß nicht zu begreiffen,
wie diese große schwehre Säulen hergebracht worden.
Atens) Den großen Frucht-Boden, worinn unten
ein Marstall von 50 Pferde, worüber 4 schöne Frucht—
Boden, der unterste mit Gips, der 2., 3. und 4.
mit Bohlen belegt, der 4. und das Dach erst vor
etlichen Jahren gemacht worden und viel gekostet; in
einein moment auf einmahl des Abends 6 Uhr
durch brennende angelegte materien anzünden lassen,
dabeh daun Wachten stehen müssen, bis alles in
völliger Flamme gestanden und nicht geholfen werden
önnen, sondern es fortbrennen lassen müssen.
Vieles Mehl, so sie in der Stadt in Häußern
und Scheuren hin- und wieder liegen gehabt, haben
sie auf die Straßen in den Koth, in die Canale,
Brunnen und Kuümpfe ausschütten und verderben
lassen. Endlich sind die zurückgelassenen Commando's
den 20. Febr. des Morgens 2 Uhr, aus denen Schanzen,
dom Werth und aus der Stadt gezogen und nach
Pulda nachgefolget, haben aber ein gar schlechtes und
betrübtes Andencken hinterlaßen, dann nicht nur das
obgedachte Schöne und Kostbar ausgebauete Schloß
so über 15000 Rthlr. gekostet haben mag, sondern auch
2) die von Pipino und Carolo Magno, mithin
vor 1000 Jahren gestiftete und wohlbegabte, große,
schöne und sehr berühmte Dom- und Stifts-Kirche
davon der Winckelmann in der Beschreibung Heßen
Landes und Herßfeld pas. 259 Meldung thut), so
über etliche hundert tausend Rthlr. gekostet haben mag.
3) Das schöne steinerne Fruchthauß, welches auch
oor 15000 Rthlr. nicht erbauet worden und worinn
unten auf dem untersten Boden über dem Marstall
wohl noch 1000 Vrtil. herrschaftliche Früchte gelegen,
Jänzlich verbrannt, ruinirb und zum Stein- und
Schutthauffen gemacht worden, sodaß von allen diesen
schönen und kostbahren Gebäuden nichts mehr, als
nuͤr hin und wieder die Steinerne Erckere und Seiten
Wände so doch durch die Hitze sehr beschädiget und
zersprenget, verschiedene, gleich denen obgedachten Säulen
ingestürzet sind, noch stehen.
Es ist nichts stehen blieben und hat nur gerettet
verden können die Fürstl. Canzley und das archiv
arinn, so am Schloß stehet, worunter kein Feuer
ingeleget worden.
Die Stadt war bey dem großen Feuer um do
nehr in gröster Gefahr und Angsten, indem der
azumahl wehende starke Wind die Funcken über die
janze Stadt trieb, und ausstreuete, Gott der All—
nächtige hat aber das Unglück abgewendet und die
Ztadt behüthet, daß es darinn nicht gebrennet. Es ist
iber in der Stadt und auf den Dorfen vieles geplündert,
ind hinweggenommen worden, daß also der Schaden
iber alle massen groß; das Feuer unter den ruinen
limmet noch stets und dörfte sobald noch nicht völlig
gelöschet werden können ꝛc.“
Soweit Hartert's Bericht an Landgraf Friedrich II.
on Hessen, welcher in preußischem Dienste außerhalb
eines Landes weilte; der Bericht läßt erkennen, daß die
zufgeführten schönen Bauwerke unter 2tens und Zkens
nicht durch Angriff und Vertheidigung der Stadt
sder aus Gründen, welche die Kriegslage vorschrieb,
erstört worden sind. Das Heumagazin außerhalb
er Stadt und das Fruchthaus mit herrschaftlichen
Früchten enthielten Vorräte, welche Broglio, falls er
ie nicht mit sich fortführen konnte, nach Kriegsregel
ernichten lassen mochte; dagegen ist die Zerstörung
er Stiftskirche und des früher fürstabtlichen Schlosses
ine Frevelthat, welche vielleicht aus der Erbitterung
ber die Haltung des hessischen Landesherrn auf der
Zzeite Friedrichs des Großen zu erklären ist. Die
ʒtiftskirche wie das Schloß waren nicht als Magazine
enutzt, da sonst Hartert, der doch selbst die in Häusern
er Stadt befindlichen Mehlvorräthe erwähnt, gewiß
ies nicht vergessen haben würde. Als Beweis, daß
ie Stiftskirche von den Franzosen als Fruchtmagazin
enutzt worden sei, wird angegeben, daß noch in
leuester Zeit bei Aufräumung des Schuttes, welcher
eit länger als einem Jahrhunderte in dem Innern
ser Ruine sich anhäufte, Getraidekörner sich vor—
sefunden hätten. Hierin kann aber ein Beweis für
sie Benutzung der Stiftskirche als Magazin nicht
sefunden werden. Das Gebäude, in welchem der
MNarstall und die gefüllten Fruchtböden sich befanden,
ag in der Nähe der Kirche; die Feuersglut fand an
en 1000 Vierteln Früchte reiche Nahrung und be—
anntlich treibt sie Getraide mitunter in große Ent—
ernungen, wobei in selbigem sich explodirende Stoffe
ntwickeln und die Verbreitung begünstigen. Es
außte daher brennendes Getraide auch nach der
Zeite der Stiftskirche getrieben werden und noch un—
ersehrte Körner sind gewiß mitgerissen worden. Die
n Hartert's schlichten Worten so anschaulich dar—
estellte Katastrophe beraubte die ehrwürdige Lullus—
tadt ihres herrlichen Domes, welcher zu den er—
abensten Bauwerken Deutschlands zählen würde,
venn er erhalten wäre. Die Vernichtung dieses Bau—
verkes durch einen französischen Heerführer reiht sich