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sität Marburg studirte er noch zu München.
Im Jahre 1859 wurde er auf Grund seiner
philosophisch-ästhetischen Abhandlung „über die
Idee des Oedipus auf Kolonos“ von der philo—
sophischen Fakultät der Universität Marburg
zum Doktor promovirt.
Am 31. März 1861 wurde dem Dr. Karl
Herquet das Sekretariat des Johanniter—
Malteserordens vom Vorstande des Ordens—
patronats, dem Justizritter August Freiherrn
von Harthausen auf Thienhausen in Westfalen,
mit dem Wohnorte zu Steinheim übertragen.
Er bekleidete diese Stelle bis zum 1. Juni 1865.
Im Frühjahr des letztgenannten Jahres unter—
nahm er eine Reise nach Rom, irren wir nicht,
im Auftrage des Johanniterordens. Die Hin—
reise machte er durch Frankreich, die Rückreise
über den Brenner. Aus jener Zeit stammt die
Schrift Karl Herquet's: „Der St. Johanniter—
orden nach seinen inneren Verhältnissen, nebst
einer Darlegung der beiden deutschen Würden
zu einander,“ welche er im Würzburger „Chilia—
neum“ und dem „Wochenblatte der Johanniter—
Ordens-Balley Brandenburg“ veröffentlichte.
Karl Herquet erhielt hiernach den ehren—
vollen Auftrag seitens der kurhessischen Staats—
regierung, das berühmte fuldaer Landesarchiv
mit seinen reichhaltigen Schätzen, namentlich an
Karolinger-Urkunden, zu ordnen. Er unterzog
sich dieser Aufgabe mit ebenso viel Fleiß wie Ver—
ständniß. Das fuldaische Landesarchiv, das
bisher nur wenig beachtet in einem Nebenbau
des Regierungsgebäudes, den man früher als
Pferdestall benutzt hatte, untergebracht war, fand
nun in schönster Ordnung seine Aufbewahrung
im Bibliotheksgebäude, und wurde häufig von
Gelehrten besucht und benutzt, bis es im Herbst
1874 nach Marburg verbracht wurde, um auf
dem dortigen Schlosse mit dem hessischen Staats—
archiv vereinigt zu werden. Als Frucht der
rühmenswerthen Thätigkeit Karl Herquet's zu
Fulda erschienen 1867 bei Kegel in Kassel:
„Specimina diplomatum monasterio fuldensi
a Karolis exhibitorum,“ photoagraphische Nach—
»ildungen der dem Kloster Fulda ertheilten
Karolinger-Urkunden, mit erläuterndem Terxte,
nach den Originalen des Landesarchivs zu Fulda
herausgegeben von Dr. Karl Herquet.
Mit gleichem Fleiße, gleicher Gründlichkeit
und gleichem Sachverständnisse wie in Fulda
unterzog sich Karl Herquet der Ordnung des
Archivs zu Mühlhausen in Thüringen, und so
zntstand dann das „Urkundenbuch der ehemals
freien Reichsstadt Mühlhausen,“ bearbeitet unter
Mitwirkung von W. Schweinsberg, von Karl
Herquet, herausgegeben vom Magistrate der
Stadt Mühlhausen.
Laut Zuschrift, Berlin am 12. August 1870,
wurde Dr. Karl Herquet während des deutsch—
französischen Krieges dem Hauptdelegirten des
Johanniterordens für Frankfurt a. M., dem Reichs—
ritter Major Grafen Otto zu Solms-Rödelheim,
als Subdelegirter beigegeben, in welcher Stellung
ex vom 15. August 1870 bis 15. März 1871
hätig war. Ende September 1870 wurde er
heauftragt, eine Dienstreise nach Straßburg
zwecks Besuchs der dortigen Lazarethe zu unter—
riehmen. Seine von ihm. als Subdelegirter des
Fohanniterordens geleisteten Dienste fanden
jöheren Ortes Anerkennung und am 24. August
1872 wurde ihm der Königl Kronenorden mit
dem Johanniterkreuze verliehen.
Dr. Karl Herquet war mittlerweile in den
breußischen Archivdienst getreten. Seine erste
Anstellung in demselben erhielt er als Archiv—
sekretär des nassauischen Staatsarchivs zu Idstein,
bon da wurde er in gleicher Eigenschaft nach
—VVV——
am 1. April 1878 wurde ihm die Leitung des
Staatsarchivs zu Aurich und am 1. Juli 1886 die
Leitung des Staatsarchivs Osnabrück übertragen.
Am Weihnachtstage des Jahres 1887 wurde dem
Staatsarchivar Dr. Karl Herquet der Cha—
rakter als „Archivrath“ verliehen. Ueberall, wo
derselbe gewirkt, hat er eine reiche literarische
Thaͤtigkeif entfaltet. Eine Schilderung derselben
hehalten wir uns für die nächste Nummer vor.
(Schluß folgt.)
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Eine Radißalhur.
Erzäßlung von Wilßelm Bennecke.
(Schluß.)
Daniels Aeußere schien im höchsten Grade
unheildrohend, sein Gesicht war blaß, die Mund—
winkel waren herabgezogen und die Augen in
einer rollenden Bewegung. Er nahm seinen Hut
ab und warf ihn in eine Stubenecke.
„Ums Himmelswillen, Mann, was ist ge—
schehen?“ schrie Hulda aufspringend.
„Da lies,“ lallte Daniel und drückte ihr den
Brief in die Hand. „Eine nette Bescherung —“
und er fiel auf den nächsten Stuhl. Wie geistes—