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Marl Herquet
Nekrolog.
Non F. Iw eng er-
(Fortsetzung.)
Die schriftstellerische Thätigkeit Karl Herquet's
war eine sehr fruchtbare. Trotz seiner von Jugend
an angegriffenen Gesundheit arbeitete er mit eisernem
Fleiße. Keine literarische Erscheinung, die nur irgend
wie mit seinem Fache in Verbindung stand, ging
unbemerkt an ihm vorüber. Er wußte derselben eine
neue Seite abzugewinnen und verarbeitete sie in seiner
gestaltungsvollen Weise, daher denn auch der Reiz
der Mannigfaltigkeit in seinen Schriften und Abhand
lungen. Im Nachstehenden wollen wir wenigstens
seiner Hauptschriften Erwähnung thun; alle seine
Schriften und Abhandlungen, welche letzteren er meist
in Zeitschriften veröffentlichte, aufzuführen, liegt außer
unserem Vermögen. Im Jahre 1870 erschien sein
erstes größeres historisches Werk: „Charlotta von
Lusignan und Caterina Cornaro, Königinnen
von CYpern" (Regensburg bei Pustet). Die Ge
schichte der cyprischen Königsfamilie Lusignan scheint
ein Lieblingsstudium Karl Herquet's gewesen zu sein,
denn noch einmal kam er darauf zurück in seiner
Schrift: „Cyprische Königsgestalten des Hauses
Lusignan/ welche 1881 zu Halle im Verlage der
Buchhandlung des Waisenhauses erschien.
Wie bereits in unserem vorigen Artikel bemerkt,
war Karl Herquer im Jahre 1869 mit der Bearbeituug
des städtischen Archivs zu Mühlhausen in Thüringen,
der ehemals freien Reichsstadt, betraut worden. Er
war in dieser Stellung thätig vorn 1. November
1869 bis Ende Januar 1873, mit Ausnahme der
Zeit vom 15. August 1.-70 bis 15 März 1871,
in welcher er als Subdelegirter des Johanniterordens
in Frankfurt a/M. beschäftigt war. Im Frühjahre
1872 erhielt er einen zweimonatlichen Urlaub, den
er zu einer Reise nach Spanien benutzte. Prächtige
Schilderungen spanischen Lebens verdanken wir seinem
dortigen Aufenthalte, die er zumeist in Zeitschriften
veröffentlichte.
In Mühlhausen entstand das bereits in der vorigen
Nummer unserer Zeitschrift erwähnte „Urkundcubuch
der ehemals freien Reichsstadt Mühlhausen/
(Geschichtsquellen der Provinz Sachsen, Band III)
Diesem Werke, sowie der erfolgreichen Thätigkeit Karl
Herquet's in Mühlhausen, namentlich auch dessen Er
forschung der Urkunden des Klosters Annrode sprach
der Direktor der preußischen Staatsarchive Dr. Duucker
in einem uns vorliegenden Briefe die vollste Aner
kennung aus.
Unterhandlungen mit dem herzoglich auhaltischen
Ministerium wegen Anstellung bei dem Archive in
Zerbst zerschlugen sich, da mittlerweile Karl Herquet
seitens der preußischen Staatsregierung die Stelle als
Archivsecretür des Staatsarchivs in Idstein angetragen
worden war. Er nahm diese Stelle an und trat
damit in den preußischen Archivdienst. In Idstein
wirkte er vom 1. Februar 1873 bis Ende September
1874, zeitweilig versah derselbe auch während einer
eingetretenen Vakanz die Funktionen des Archiv
vorstandes. Ueber seine dortige Thätigkeit liegt uns
das ehrenvolle Zeugniß des dortigen Archivvorstandes
vom 20. August 1875 vor. Daselbst heißt es u.
a.: Entsprechend dem Bedürfniß des Jdsteiner Archivs
war Dr. Karl Herquet vorzugsweise mit der Ordnung
und Repertorisirung von Urkunden beschäftigt und hat
durch seine tüchtige technische Durchbildung und Er
fahrung auf den hierher einschlagenden Gebieten der
Wissenschaft, sowie auch durch seine große Sicherheit
in der Lesung und in dem Verständniß mittelalterlicher
Urkunden und die durch eigene Publikationen erworbene
Vertrautheit mit denselben dem Archive wesentlich ge
nützt. Abgesehen von einigen kleineren Arbeiten hat
er namentlich ein gutes Repertorium über die Original
urkunden der Abtei Eberbach im Rheingau (2216
Nummern) verfaßt, außerdem ein ausführliches Pro-
memoria über die Herausgabe eines Codex Diplo
matien» Nassoicus ausgearbeitet, dessen Grundsätze
auch die Genehmigung des Direktoriums der Staats
archive erhalten haben.
In Idstein gab er auch die „Regesten des grüfl.
Solms-Rödelheim'schen Archivs zu Assenheim
(in Band XIII der Annalen des nassauischen Ge
schichtsvereins) sowie die Monographie „Kr ist an von
Mühlhausen, Bischof von Samland 1 276 —
1 295), Halle 1874, heraus.
Von Idstein wurde Karl Herquet nach Königsberg
in Preußen und vom 1. Februar 1876 wurde er
von da nach Breslau versetzt.
Am 1. April 1878 wurde Karl Herquet die kom
misarische Verwaltung in Aurich übertragen und am
1. Juli desselben Jahres wurde er zum Vorsteher
dieses Archivs mit dem Titel „Staatsarchivar" ernannt.
Rührend ist, daß bei der Wahl der ostfriesischen Stadt
Aurich höheren Ortes in Betracht gezogen worden
war, daß dieser Ort ein weiches Seeklima hat und
daher günstig für Brustleidende ist, denn mit Brust
leiden war Karl Herquet schon von Jugend an be
haftet. Man sieht hieraus, daß derselbe sich bei seinen
Vorgesetzten, namentlich bei dem Direktor der preußi
schen Staatsarchive Dr. Heinrich von Sybel, seinem
ehemaligen Lehrer in Marburg uub München, eines
ganz besonderen Wohlwollens erfreute. (Schluß folgt.)