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Noch darf eine besondere Gattung Namen
unsere Aufmerksamkeit beschäftigen; es sind die
auf — ingshausen und — ingerode. Wenn die
Nachkommen eines Ello vaternamisch die Ellinge
hießen, so nannte der fränkische Stamm die An
siedelung solcher Leute Ellingishusun, der sächsische
Hinwider Ellingahusun. Jenes meint: zu den
Häusern des Ellings; das andere: zu den Häusern
der Ellinge. Diß trifft so genau mit sprachlicher
Scheide zusammen, daß man auch darnach die
stammheitliche ermitteln möchte. Warum fügen
die Chatten solche Orts-Namen mit dem Wes
fälle der Einzahl, die Niedersachsen mit dem der
Mehrzahl? —
Hertingshausen bei uns, Mengeringhausen
dort! Wäre diß nur sprachlicher Zufall? läge
nicht vielmehr bewußtes Tuen zu Grunde? hätte
etwa bei den Chatten das Haupt einer Sippe
— wie das eines schottischen Klanes — doch
größeres Ansehens genoßen? Vor solch Einem
traten die Übrigen zurück. Auch die im Bnchen-
gaue und in dessen Umgegend vorkommenden
Namen: Bellings, Breunings, Wallings, u. s. w.
fallen hierher; ihnen fehlt nach dort beliebter
Weise nur der zweite Teil, sie sind bloß gelegte
Wesfälle der Einzahl. Ein Bewohner darf also !
nicht etwa Breuningser heißen; er ist ein Breu- j
niuger. ;
Nun aber von Ellingshausen zu Ellingerode, i
Hier erscheint auch bei fränkischem Stamme jene >
sächsische Namens-Form. Die Verfaßung solcher j
Reutungen muß also bereits wohl eine andere ‘
gewesen sein; der Schluß uralter Sippe lag ,
nicht vor. Leute aus unterschiedlichen Dörfern
hatten sich zusammen gefunden, und nach dem ■
Namen Fürnehmster ober Reichster unter ihnen
ward nun das neue Ort benannt. —
—
Ältester, und unseren chattischen Volks-Stamm
geradezu kennzeichnender Würden-Name für das
Oberhaupt eines Dorfes war Grebe (richtig
gesprochen mit breitem gebrochenem ä, wie in
„lebe"). Dieser Name galt ursprünglich durch,
vom Reinhartswalde zum Odenwalde, von Sankt
Goar bis zur Rhönc. Schultheiße galt für den
Greben, und darneben, in so ferne er zugleich
Orts-Richter war. Der Grebe — das meint
„Bruern-Graf" — war die weitere Würde, worin
des Schultheißen Amt mit begriffen ward.
Die althessische Greben-Ordnung war meister
haft, und der Ausdruck nie gänzlich verlorener
Gemeinfreiheit unseres edlen Stammes. Ob der
Name heute auch leider keine amtliche Geltung
mehr habe, so sollten volkstümliche Schriften ihn
doch lebendig erhalten, gegenüber dem verwäßerten,
ausDörfern ungehörigen Ausdrucke„Bürgemeister".
Am Zähesten hatte Niederhessen am Namen
„Grebe" gehalten. —
Man ist heute so leicht geneigt, „freiheitlich"
und „bewahrsam" etwa gar als Gegensätze zu
faßen. Wo es sich um innere Gliederung des
gesamten volkstümlichen Lebens handelt, um
Wahrung alter Ordnungen, woltätiger Schranken
der Stände und Verbände, da gelte es sich zu
stemmen wider neuzeitliche Zersetzung, wider
Auflösung alles Volkes in eine Herde unterschieds
loser Einzelinge! Wo hinwider Schutz und
Schirm höchster, freiheitlicher Güter, Abwehr
jeglicher Vergewaltigung in Frage kömt, da
müßen gerade die Ersten und Vornehmsten im
Lande Wächter sein der Gemeinfreiheit ihrer
Blutes-Genoßen. So faßte das germanische
Altertum den mannhaften, nicht liebedienerischen
Beruf des Adels.
'
Die Zerstörung der Stiftsirreclfe nt Heesfeld.
Äe mehr neuerdings der drohende Krieg mit Nach manchen Wechselfällen neigte sich zu
A Frankreich das Tagesgespräch bildet, um so näher Anfang des Jahres 1761 das Kriegsglück wieder
liegt es, sich zu vergegenwärtigen, was uns de- einmal dem Herzog Ferdinand von Braunschweig
vorstünde, wenn es — was Gott verhüte! — zu, welcher als Feldherr Friedrichs des Großen
den Franzosen je wieder gelänge, siegreich über * mit den verbündeten Truppen von Hessen, Han
den Rhein vorzudringen und deutsches Land zu nover und Braunschweig den Krieg auf dem
besetzen. Wie das ganze westliche Deutschland, 1 westlichen Schauplatz gegen die Franzosen führte,
so hat es auch Hessen hinlänglich erfahren, wie . Siegreich drang er in Westfalen und Hessen vor,
jene erobertes Gebiet zu behandeln pflegen, nahm am 12. Februar 1761 die Stadt Fritzlar,
Dies haben sie namentlich auch im siebenjähri- welche die Franzosen stark befestigt hatten und
gen Kriege bewiesen, in welchem das Hessenland aufs hartnäckigste vertheidigten, im Sturm
durch Einquartierungen, Lieferungen aller Art und gelangte, die Franzosen immer vor sich her-
und fast unerschwingliche Brandschatzungen seitens treibend, bis in die Nähe von Hersfeld.
der Franzosen ganz entsetzlich gelitten hat. i Hier befand sich das Hauptmagazin für die