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Täufer, der eine kenntlich durch den Schlangen
kelch, der andere mit der Taufmuschel in der
Hand.
Wenden wir uns nun von den Altären zu
einem zweiten Kunstwerk der ehrwürdigen Kirche,
nämlich zu dem das Chor von dem Schiff trennen
den Lettner. Es ist mit reichen Steinskulpturen
geschmückt, welche die Auferstehung und das End
gericht in naiver, aber ernster und erschütternder
Weise darstellen. Polygonal nach dem Schiffe
zu vorspringend, bildet er eine, von vier Säulen-
bündeln getragene Halle, unter welcher sich der
«och jetzt gebrauchte, mit den kleinen Statuen
Christi und der Apostelgeschmückte Laienaltar be
findete In den Eckender dadurch gebildeten drei
Bogen befinden sich die bildlichen Darstellungen
des Endgerichtes, eine lebendige Illustration, zu
dem ernsten dies irae dies illa. Links beginnen
sie mit der Auferstehung der Todten. Die Gräber
thun sich auf und jedem Grabe entsteigt ein
Todter, am Himmel eine Wolke: Wen» ihr den
Menschen-Sohn kommen seht in den Wolken.
Auf dem zweiten Bogenselhe sehen wir die Seelen
der Gerechten mit emporgehobenen Händen gen
Himmel steigen, in der Mitte den Heiland, mit
den Engeln auf dem Richterstuhle, rechts endlich,
auf- dem dritten Bogenfeld die Gottlosen mit
einer gewaltigen Kette an einander gebunden von
dem, nicht sichtbaren, Satan in den Abgrund der
Hölle gezogen. '
Nach Betrachtung dieser ernsten Darstellung
des Endgerichts versäume es der Besucher nicht,
die Kapitäle der vorerwähnten Säulenbündel ge
nauer zu betrachten. Es sind wahre Meisterstücke
der Steinhauer-Ar-beit, besonders das eine, auf
dem zierliche Bögel zwischen Blättern hängende
Trauben picken.
Es würde zu weit führen, der zahlreichen köst
liche» Ornamente, wMit Säulen und Wände
geschmückt find, her schön geschnitzte» Schränkt
und Chorstühle, von denen einer die Jahreszahl
1-489 trägt, der schönen Schmiedearbeit, die uns
an den Beschlägen der hinter dem Altar befind
lichen, ehedem zur Aufbewahrung der heiligen
Gesäße dienenden Schränke, an dem links vom
Hauptaltar stehenden Sakramenthäusche« und
an dem an der Hinteren Seite des Lettners be
findlichen Lesepult entgegentritt, sowie der, durch
holländische Künstler in ihrer tiefen Farbenpracht
wiederhergestellten Glasfenster drS hohen Chores
zu gedenken.
Wir wollen nur noch zwei alte Teppiche er
wähnen, welche wohl einst zum Schmuck der
Altäre verwendet wurden und jetzt zur besseren
Erhaltung unter Glas und Rahmen in der Tauf
kapelle aufgehängt find. Sie sind ein Erzeugniß
des frommen und kunstsinnigen Fleißes edler
Ritter- und Klosterfrauen, vielleicht der Bewohne
rinnen des 1305 von dem Bischof Siegfried von
Chur gestifteten und vor dem Häitzer Thor ge
legenem CisterzienserklosterS Himmelawe, die mit
eigener Hand solche Dinge webten und sie dem
Heiligthum zum Geschenke machten.
Der erste und der Steifheit seiner Figuren
nach zu urtheilen,, ältere Teppich stellt die ganze
Passion dar, deren verschiedene Theile in zwei
Reihen übereinander abgebildet sind: oben das
Abendmahl, unten nebeneinander der Verrath des
Judas, Petrus und Malchus, die Geiselung, die
Dornenkrönung, Christus das Kreuz tragend,
dann der Herr am Kreuz mit Maria und Jo
hannes zur Seite und endlich die Kreuzabnahme.
Die verschiedenen Tableaux folgen in der ersten
Reihe von rechts nach links, in der zweiten von
links nach rechts, nach Art der ältesten Schreib
weise.
Der zweite Teppich stellt in drei Abtheilungen
nebeneinander, nach der Erklärung des Küsters,
die Empfängniß, die Gehurt und die Anbetung
des Heilandes durch die heiligen drei Könige
dar. Ueber der ersten Abtheilung steht aus cineyi
Bande eingewebt die Inschrift: ave Matiai,
gratia plena, dominus tecum. Räthselhaft ist
nur die erste bildliche Darstellung nnd geht un
bedingt nicht auf das vom Küster angezeigte Er
eigniß. Hätte sie nicht die angeführte Inschrift
und stände sie nicht in unmittelbarer Verbindung
mit der Geburt und Anbetung des Heilandes,
so möchte man sich versucht fühlen, darin eine
Darstellung der in Frankreich entstandenen Legende
von der heiligen Genovefa, zu erblicken, denn
sie zeigt eine von Hunden, welche ein Jäger am
Bande hält, verfolgte Hindin, welche in den
Schooß einer Fran flieht. Wir können uns aber
nicht ayders denken- als daß das Bild Maria
als die barmherzige Mutter der Gnade darstellen
soll, welche die von dem höllischen Jäger bezüg
lich von der Angst der Sündennotb gejagte Seele,
die ja in der Bibel nicht selten unter dem Bilde
eines Hirsches oder einer Hindin dargestellt wird,
bei sich auf und in ihren Schutz nimmt.
Von den in der Kirche noch befindlichen Grab
denkmälern, sind außer dem hinter dem Hoch
altar stehendem Grabsteine des Schultheißen Jo
hannes Koch, der in Gelnhausen vom Jahre
1588—1599 22 Hexen verbrennen ließ, nur
noch zwei bemerkenswerth: neben dem südlichen
Eingang das in edlen Renaifsanceformen ausge
führte Epitaph des Ritters Johannes von Lauter
und seiner Gemahlin Wilhelm« von Colmar und