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Zur Zeit seines Kasseler Aufenthaltes arbei
tete er in Gemeinschaft mit seinen Freunden
Fr. Gunkel, dem Historienmaler, und dem Bild
hauer Gustav Kaupert in einem überaus
bescheidenen Raume am Steinweg.
Gunkel, aus ärmlichen Verhältnissen hervorge
gangen, war ein tüchtiger Zeichner und hatte
«inen feinen Farbensinn. Er komponirte seine
geschichtlichen Darstellungen mit seltener Noblesse
und galt unter uns für die eigentliche Perle der
Kasseler Maler. Seine weitere Kunstthätigkeit
bewies indeß, daß ihn seine Freunde überschätzt
hatten. Er ging nach Rom und bekam dort
durch Fürsprache einflußreicher Gönner einen Auf
trag vom König Ludwig von Bayern, für das
Maximilianeum in München, ein Kolossalbild —
die Hermannsschlacht, zu malen. Das Bild
wurde gemalt, entsprach aber den Erwartungen
nicht. Das Können des Künstlers reichte dafür
nicht aus. Vielleicht war es dies Gefühl und
daß man ihn allmälig fallen ließ, was ihn immer
trübsinniger machte und schließlich zum Selbst
mord trieb.
Der Dritte in diesem Bunde, noch lebend und
rüstig schassend als einer der genialsten deut
schen Bildhauer, gegenwärtig in Frankfurt, war
Gustav Kaupert, wenn ich mich recht erinnere,
ein Schüler Schwanthalers. Die Gestalten
dieses gemüthvollen Künstlers zeigen bei aller
Kraft eine seltene Grazie und Innigkeit der Em
pfindung. Kaupert ist der jüngere Bruder des
vor einigen Jahren verstorbenen ausgezeichneten
Goldschmieds, der ein ächter Künstler in seinem
Fache und eine Zierde unserer Stadt war.
Seine sympathische. Allen bekannte Persönlichkeit
erinnerte in ihrer schlichten Einfachheit wohl an
jene unsterblichen Kunsthandwerker, welche das
alte Nürnberg berühmt gemacht, an Adam Krasft
und Peter Bischer.
(Schluß folgt.)
Krieg im Friede«.
Gin Genrebild aus der NococoM von Joseph Grineau.
(Schluß).
rglühend und dann wieder jäh erbleichend schlug
sie die Augen nieder wie eine ertappte Diebin.
„Was treibt denn die Demoiselle für Contre-
bande?" fuhr der Fürst fort, indem sein Blick
den Korb am Boden streifte, aus welchem ver-
rätherisch ein Flaschenhals hervorlugte.
„Ach Gnade, hochfürstliche Gnaden, Gnade!"
Mehr brachten die bebenden Mädchenlippen nicht
hervor.
Da raschelte es mit einem Male hinter der
hohen regelrecht gezogenen Laubwand, und Einer,
der dort schon eine ganze Weile auf der Lauer
gestanden und sich nun den Ruhm einer stolzen
Kriegesthat sowie auch die für die Entdeckung
ausgesetzten zehn Gulden nicht entgehen lassen
wollte, trat hervor und meldete:
„Hochfürstliche Gnaden, der Wachtmeister von
den Leibhusaren macht die allersubmisseste Meldung,
daß er den Spion auf dem Thorthurm entdeckt
hat."
Der Fürst blickte überrascht den Krieger an.
„So nehm' er ihn gefangen," kam es dann
kurz von seinen Lippen. „Doch halt, ein paar
von seinen Leuten sollen ihn begleiten."
„Barmherzigkeit, allergnädigster Herr Fürst
bischof," schrie Nanderl, jetzt wirklich in die Knie
finkend. „Er ist ja gar kein Spion, er ist bei
meiner Seel' der ehrlichste Mensch von der Welt,
denn sonst wär' er nicht gekommen."
„Und wer ist die Demoiselle?"
„Ich heiße Nanny Buchmann aus Würzburg
und bin die Nichte des Wildmeisters —"
„Auch aus Würzburg!" unterbrach sie der
Fürst mit einem durchbohrenden Blick. „Und
da ist Sie wohl in heimlichem Einverständniß
mit dem Burschen?"
„Ja, gnädigster Herr Fürst, das bin ich,"
schluchzte Nanderl. „Schon seit zwei Jahren
haben wir uns heimlich gern und er ist mir
immer treu gewesen. Und wenn er das Examen
erst gemacht hat, dann wird auch gewiß der Vater
nichts mehr dagegen haben; — er mag nur die
Studenten nicht, — ach, der Kilian ist doch gar
so brav."
„Stehe Sie auf," sagte Amandus, denn der
Wachtmeister nahte jetzt mit vier Leibhusaren,
die alle auf des Letzteren lautes Kommandowort
den Karabiner vor ihrem Fürsten präsentirten.
„Nehme Er dem Gefährlichen gleich alle Schrift
stücke ab, und bringe Er ihn einstweilen in die
Wachtstube, später soll er denn auf die Festung
transportirt werden, wo wir sichere Verließe
haben," befahl der Fürst und wandte sich, um
rasch dem Schlößchen zuzuschreiten.
Nanderl aber weinte so kläglich aus Herzens
grund, daß der Herr Wachtmeister nicht umhin
konnte, ihr tut Vorbeimaschieren zuzuflüstern:
„Ja, schönstesJnngfräulein, derMusje Liebste wird